Digitale Transformation in der Praxis

Digitale Transformation in der Praxis

In meiner zweiten Kolumne zum Thema «Digitalisierung» geht es um Fallbeispiele aus der Praxis. Sie zeigen uns auf, wo die Chancen einer konsequenten Digitalisierung liegen. Die digitale Transformation eröffnet viele Chancen. KMU sind agil und können rascher auf veränderte Bedingungen reagieren. So ist die Glarner Kantonalbank (GLKB) mit ihren innovativen Onlineprodukten für Hypotheken und Anlagen (Hypomat, Investomat) inklusive Online-Videoidentifikation für Neukunden die führende Kantonalbank im Bereich Digitalisierung der Geschäftsprozesse.

Die GLKB setzt damit einen ersten Quasi-Standard. Sie hat als kleine und agile Bank die Gunst der Stunde genutzt und sich einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Die Produkte werden in der Zwischenzeit auch von anderen Kantonalbanken genutzt, was für die GLKB ein neues Geschäftsmodell und entsprechendes Wachstumspotential bedeutet. Dieses Beispiel zeigt, dass ein vergleichsweise kleines Unternehmen gute Voraussetzung hat, mit neuen digitalen Prozessen und Produkten das Kundenerlebnis neu zu gestalten. Einer Credit Suisse oder UBS fallen die Einführung neuer Modelle und die Umstellung ganzer Prozessketten bedingt durch höhere Komplexität und grösseren Impact auf diverse Organisationseinheiten wesentlich schwerer. Ein weiteres Praxisbeispiel zeigt, dass insbesondere im Bereich der Kundenansprache und der Prozessdigitalisierung noch viel Potential liegt. Vor rund zwei Wochen flatterte ein Couvert in unseren Briefkasten. Normalerweise wandern erkennbare Wurfsendungen direkt ins Altpapier. Nun wollte ich aber wissen, was mir die Swisscom zu sagen hatte. In einem Flyer mit A4-Begleitschreiben wurden wir gefragt, ob wir als Nicht-Swisscom-TV-Nutzer nicht die Vorteile eines Wechsels bis Mitte Juli nutzen möchten.

In der konsequenten Prozessdigitalisierung und der digitalen Customer Experience liegt noch viel Potential.

André Schmid

Allgeier Schweiz AG

Man müsste nur den Flyer ins vorfrankierte Couvert stecken. Nun sind wir durchaus Swisscom-Kunden, unsere Mail-Adresse ist bekannt und unsere Mobile-Nummern auch. Auch das CRM scheint ajour zu sein. Es ist bekannt, welche Services wir beziehen und welche nicht. Doch der Kanal der Adressierung lässt zu wünschen übrig. Als Kunde tätige ich all meine Geschäfte mit Swisscom elektronisch. Weshalb werde ich über solche Aktionen nicht digital informiert? Mit der Möglichkeit einer direkten Interaktion? Kostengünstiger und einfacher wäre es sowohl für den Kunden wie den Dienstleister allemal. An diesem Fallbeispiel ist erkennbar, dass die Prozessdigitalisierung und die Interaktion mit dem Kunden auf dem digitalen Kanal noch nicht durchgängig umgesetzt ist. In der Prozessdigitalisierung und der Customer Experience liegt also noch viel Potential. Dies betrifft viele Dienstleistungs-Unternehmen. Swisscom als Fallbeispiel ist replizierbar auf Unternehmen aus dem Tourismus (Hotellerie, Gastgewerbe), den Detailhandel, Banken und viele mehr, die tagtäglich in direkter Interaktion mit ihren Kunden stehen. Hier liegt auch eine der grössten Hebelwirkungen. Es ist nicht einfach, die Prozesse eines Unternehmens zu digitalisieren. Es bedarf einer guten Analyse und einer konsequenten Umsetzung. Tut man dies, eröffnen sich nebenbei auch Chancen zur Einführung von neuen Geschäftsmodellen oder zur Erschliessung von neuen Märkten. Wir alle kennen sowohl positive wie negative Fallbeispiele aus der Praxis. Diese sollten wir berücksichtigen, wenn es um die Verbesserung unserer eigenen Prozessdigitalisierung oder der Beratung unserer Kunden geht. Gepaart mit dem theoretischen Fundament eröffnen sich bei einer konsequenten Umsetzung viele Chancen. Diese gilt es zu nutzen. 

André Schmid ist Leiter Verkauf und Marketing beim Microsoft-Spezialisten Allgeier (Schweiz) und seit knapp 20 Jahren in der IT tätig, mit Fokus auf Lösungen für Zusammenarbeit und Prozess-Optimierung. In seiner Kolumne beleuchtet er aktuelle Themen rund um die digitale Transformation.

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